Am Ende steht der Mensch für die KI gerade

KI in Kreativität und Content-Produktion

Artus Interactice im LOUT-Interview

Jürgen Telkmann, Managing Partner und Digital Account Director und Patrick Benner, Gründer und Geschäftsführer von ARTUS Interactive

LOUT will von Jürgen Telkmann und Patrick Benner von der Digitalagentur Artus Interactive wissen, welche KI-Tools sie künftig in der Content-Produktion sehen.

Herr Telkmann, ChatGPT, Dall-E, Midjourney, Jasper AI, Dreamstudio & Co: Welche dieser Hype-Tools schätzen Sie bei Kreation und Contentproduktion?

Jürgen Telkmann: Wenn es um Bilder geht, sind Dall-E, Jasper AI und Midjourney für mich definitiv inspirierende Tools. Für Gesprächsstoff sorgt aber vor allem ChatGPT – zurecht, wie ich meine.In kürzester Zeit erledigt die KI Recherchen, verfasst Text-Snippets oder schreibt Code. Problematisch kann manchmal sein, dass die KI-Datengrundlage aus 2021 stammt. Und wie nutzen Sie ChatGPT? Im Moment ausschließlich intern – auch für Vertragsvorlagen und Abwesenheitsnotizen. Und wir testen fleißig und fordern ChatGPT heraus.

Ein KI-Tool, das bei uns bereits seit längerem zum Einsatz kommt, ist Deepl. Die Übersetzungs-KI liefert qualitativ hochwertigere Ergebnisse als die Konkurrenz. Und mit Deepl Write, das neulich als Beta veröffentlicht wurde, kann man sich inzwischen sogar Texte mittels KI redigieren lassen.

Content lässt sich mit KI-Tools günstiger und schneller produzieren. Gibt es weitere Vorteile?

Telkmann: Ich sehe ChatGPT generell als Sparringspartner. Das Tool kann zum Beispiel beim Generieren von Excel-Formeln oder Regular Expressions (Zeichenketten – die Red.) helfen und eine grobe SEO-Analyse durchführen.

Spannend ist auch der Einsatz von KI in anderen Bereichen und Branchen: Der Chatbot-Anwalt DoNotPay aus den USA soll demnächst Angeklagte juristisch beraten und durch den Prozess begleiten. Fluggesellschaften prüfen, ob die KI beurteilen kann, ob Fluggäste schadenersatzberechtigt sind oder nicht. Hier zeigen sich Stärken und Grenzen von KI zugleich: Nämlich Regeln befolgen und Entscheidungen reproduzieren. Was bei Standard-Anwendungen hilfreich ist, kann in Ausnahmesituationen zweifelhaft sein.

Es bleibt noch
viel Luft nach oben

 

Wo stoßen KI-Tools an ihre Grenzen?

Patrick Benner: Die Ideen, die KI-Tools "ausspucken", sind letztlich immer nur Reproduktionen. Die großen Herausforderungen der Kreativ-Branche – den Mangel an Authentizität und Innovation – kann die KI nur schwer lösen. Sie hat Schwierigkeiten mit Kreativität und Humor und zeigt wenig Empathie oder Gefühle. Das Beispiel Weihnachtsspots macht die Grenzen des heute Möglichen sehr deutlich: Hier geht es darum, eine Markenwelt in Gefühle zu übersetzen – mir ist bisher kein Tool bekannt, das dies könnte. 

Telkmann: Bei ChatGPT sind aktuell noch die veralteten Daten, mehr aber die fehlerhaften Resultate und der Umgang der KI damit ein Problem. Ebenso die Tatsache, dass man momentan alle Befehle sehr explizit formulieren muss, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu bekommen. Bei Bildern ist qualitativ noch viel Luft nach oben: Formen muten oft noch seltsam an, Schatten fallen falsch, Spiegelungen und Perspektiven stimmen nicht. Die Betonung liegt auf "noch" – das wird sich auf jeden Fall ändern.

Was gibt es beim Einsatz von KI-Tools in Kreation und Contenterstellung zu beachten? 

Benner: Die Quellenlage, auf die sich die KI stützt, ist zunächst einmal unbekannt. Hinzu kommt, dass diese manuell von Menschen gegengelesen und auf schädliche Inhalte hin gefiltert wurde. Das birgt Gefahren: Obwohl man einer Maschine größtmögliche Objektivität zuschreibt, befreit uns allein der Umstand, dass eine KI einen Text erstellt, nicht von der Pflicht, zwischen Tatsachen und Meinungen zu unterscheiden. 

Wichtig wird auch die Frage nach der Verantwortung sein. Am Ende wird der Mensch geradestehen müssen, auch wenn es die KI ist, die die falschen Ergebnisse liefert. 

Wir müssen nicht befürchten,
obsolet zu werden. 


Kann KI irgendwann menschliche Arbeit komplett ersetzen? 

Telkmann: Da etliche Konzerne mit großen Investitionen an KI-Tools arbeiten, dürfen wir uns auf deutliche Entwicklungssprünge freuen. Dennoch sehe ich auch in naher Zukunft für die KI eher eine unterstützende Rolle. Sie wird konkrete Aufträge erledigen – auch wenn deren Umfang und Komplexität zunehmen. KI wird viele Aufgaben und Prozesse im Marketing massiv erleichtern und beschleunigen.

Benner: Wir müssen nicht befürchten, obsolet zu werden. Dennoch ist klar, dass KI in den nächsten Jahren viele Berufszweige und Jobprofile verändern und neue hervorbringen wird. 


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