Weltes Welt

Verlagsstrategien

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Ordnet Content der Werbung unter: Burda-Vorstand Philipp Welte

Philipp Welte ist Vorstand von Burda, also eines Großverlags. Als solcher stellt er das Corporate Publishing unter die Aufsicht einer neuen Burda Creative Group, geführt von einer waschechten Werbefrau. Burda ist immer für eine Überraschung gut, wenn es darum geht, Bereiche mal wieder zu zerlegen, oder sie - einmal durchgeschüttelt - mit neuen Zuständig- und Abhängigkeiten zu präsentieren.

Einmal im Jahr trifft es – fast schon routinemäßig – auch die Corporate-Publishing-Unit BurdaYukom. Derzeit ist Vorstand Philipp Welte wieder am Werk: Ab November unterstellt er BurdaYukom der in Kürze zu gründenden "Burda Creative Group" (BCG). BurdaYukom-Geschäftsführer Christian Fill berichtet dann an Ute Poprawe, eine waschechte Werberin, die Welte von Publicis Frankfurt nach München geholt hat.

Dass es diese BCG in diesem Jahr geben wird, ist bereits seit dem Vorjahr bekannt. Die Idee dahinter macht per se insofern Sinn, als damit ein ganzheitliches, Content und Werbung umfassendes Angebot institutionalisiert wird, wie es Kunden erwarten und wie es beispielsweise Burdas Gegenspieler im Norden, Gruner + Jahr, auch bereits erfolgreich anbietet. Mit Soheil Dastyari holten sich auch die Hamburger einen profilierten Werber ins CP, der eifrig mit neuen Angeboten die Kunden beackert und geschickt Content mit Werbeaktionen aufpeppt, so auch aktuell wieder mit einer Gemeinschaftsaktion der drei Lufthansa-Magazine am Münchner Flughafen.

Der Unterschied: Während die Hamburger den Werber Dastyari unter dem eigens geänderten Firmennamen G+J Corporate Editors ins Rennen schicken und damit gegenüber der früheren Firmierung von Corporate Media nunmehr bewusst den Begriff des Editors betonen, muss Christian Fill nun mit deutlich schwererem Gepäck marschieren: Er dürfte gerade massiv damit beschäftigt sein, seinen Kunden zu erläutern, dass BurdaYukom nicht zur Werbeagentur mutiert, sondern nach wie vor dem Content die Priorität einzuräumen beabsichtigt.

Ist Vorstand Welte eigentlich aufgefallen, dass er den Content – die Kernkompetenz eines Verlags – gerade den Werbern unterstellt? Und weiß er, welche Signale er als Verlagsvertreter damit an die aufmerksame Außenwelt sendet? Content als unwichtiger Grauwert zwischen den Anzeigen – die alte Werber-Provokation gegenüber der schreibenden Zunft kommt einem unweigerlich wieder in den Sinn.

Die neue Chefin Ute Poprawe ist sicher eine erfahrene Managerin an der Werberfront. Vom Verlagsgeschäft und vor allem von Corporate Publishing hat sie wenig bis keine Ahnung. Insider mokieren sich bereits darüber, dass ihr selbst die CP-Unit von Publicis unter Olaf Wolf nicht bekannt sei. Ihre Expertise aus der Werbewelt - sie betreute vor ihrer Managementtätigkeit bei Publicis den Kunden Kraft Foods bei Young & Rubicam – habe, so Kritiker, daher bislang so viel mit der B-to-B-Kompetenz von BurdaYukom zu tun wie Mirácoli mit Maschinenbau. Glücklicherweise hat BurdaYukom auch den einen oder anderen B-to-C-Kunden. Vielleicht treffen sich wenigstens da Weltes Welten zum orchestrierten Mehrwert. Eine plausible Erläuterung für die neue Struktur ist das allein aber nicht.

Schon einmal, just vor einem Jahr, konnte BurdaYukom noch zu Zeiten von Fill-Vorgänger Manfred Hasenbeck eine Deplatzierung im letzten Moment abwenden. Damals sollten die Anzeigenverkäufer der Vermarktungstochter Burda Community Network (BCN) die neuen Herren über die Corporate Publisher werden. Der Plan wurde in letzter Minute gestoppt, die Selbständigkeit von BurdaYukom blieb gewahrt.

Diesmal gibt es wohl keine Fluchtwege. Der Lead scheint den Werbern vorbehalten zu bleiben – bei Burda zumindest. Draußen an der CP-Image-Front kämpft derweil Andreas Siefke, frischgekürter FCP-Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer von Hoffmann und Campe Corporate Publishing, gerade den entgegengesetzten Kampf: Er fordert den Lead für das Corporate Publishing (siehe auch CPWISSEN vom 16.07.2010). Na, hoffentlich hat er bessere Karten.
Pia Dahlem



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